„Keks oder Kuchen?“ fragt die Selbstdisziplin

Von Selbstdisziplin hätten viele gern mehr. Wer es in der Kindheit nicht gelernt hat, diszipliniert seine Ziele zu erreichen, dem fällt es im Erwachsenenalter besonders schwer. Kein Grund, sofort aufzugeben.

Die Marshmallow-Studie

Ende der 60er, Anfang der 70er wurde in den USA ein Experiment zum sogenannten Belohnungsaufschub gemacht. Vor die am Versuch teilnehmenden zehnjährigen Kinder wurde eine Süßigkeit gelegt und gesagt: „Wer zehn Minuten warten kann, diese zu essen, bekommt noch eine.“ Die klassische Frage: jetzt ein kleiner Keks oder später ein ganzer Kuchen. Einige Kinder konnten nicht warten, andere waren selbstdisziplinierter.

Zwanzig Jahre später wurde untersucht, wie sich die Kinder entwickelt hatten. Und es stellte sich heraus: Wer als Kind warten konnte, hatte als Erwachsener ein deutlich besseres Leben, weil er/sie die inneren Impulse besser steuern konnte. Eine bessere Ausbildung, ein besserer Beruf und ein größeres soziales Umfeld.

Wer gerade eine wissenschaftliche Arbeit herumliegen hat und sich wünschte, daran diszipliniert zu arbeiten, statt sich mit elektronischer Freundschaftspflege oder Serienkonsum abzulenken, sollte weiterlesen.

Disziplin und Disziplinierung

Die Definition von Selbstdisziplin ist schwierig. Die Dudenredaktion schreibt, es handele sich dabei um „das Beherrschen des eigenen Willens, der eigenen Gefühle und Neigungen, um etwas zu erreichen“. Das ist an sich richtig, hilft einem aber beim Erreichen von Disziplin nicht weiter. Im Zusammenhang von Disziplin wird meist sehr negativ gedacht. „Beherrschen“, „verzichten“ und „sich einschränken“ dürfte einem dabei in den Sinn kommen. Etwas, was man nicht gerne macht, „durchziehen“.

Härte, Strenge oder Drill, die Gehorsam erzeugen, dürfen nicht als Disziplin falsch verstanden werden. Gehorsam wird durch Druck und Angst erzeugt. Selbstdisziplin wiederum kann durch die Glücksmomente, etwas geleistet zu haben, auch Spaß machen und bedeutet den maßvollen und freundschaftlichen Umgang mit uns selbst. Selbstfürsorge also, bei der man sich selbst wertschätzt, zu sich selbst steht.

Straight Edge als Lösung?

Viele haben sie sicher schon kennengelernt. Diese Menschen, die ohne Drogen wie Alkohol und Tabak leben, auf Tierprodukte verzichten und so unheimlich fröhlich und frei erscheinen. Zugegeben kann das einem schon etwas auf den Geist gehen, aber ein genauer Blick kann nichts schaden. Für Außenstehende mag es wie Verzicht aussehen, von ihnen selbst wird es als Befreiung empfunden. 

Beispiel Alkohol- und Tabakkonsum. Vom finanziellen Aspekt abgesehen vereinfacht der Verzicht darauf tatsächlich den Alltag. Gesundheitlich ist man auf der Höhe, man hat auf Partys trotzdem genauso viel Spaß und erlebt alles sogar noch intensiver.

Wer sich einmal ein Nahrungsmitteltabu auferlegt hat, sich also zum Beispiel vegetarisch oder vegan ernährt, merkt es schnell. Nicht an jeder Ecke eine Currywurst essen und auch nicht jede Tiefkühlpizza kaufen zu können, führt eher dazu, sich in aller Ruhe mit seiner Ernährung am eigenen Herd auseinanderzusetzen. Statt in Hektik zu schlingen, beginnt man zu genießen. Die Zeit dafür ist seltsamerweise dafür da, denn es lassen sich andere Sachen einschränken, die plötzlich überflüssig sind.

Impulskontrolle

Im Alltag sind wir oft gezwungen, uns auf eine bestimmte Art und Weise zu verhalten. Selbstdisziplin kann Entscheidungsfreiheit bedeuten, denn sie erleichtert den Alltag durch seine Strukturierung.

Wie kontrollieren wir nun unsere Impulse? Die wichtige wissenschaftliche Arbeit will fertig geschrieben werden und plötzlich ist der Kühlschrank, die Zigarette oder das Konto im sozialen Netzwerk wichtiger. Die wenigsten von uns haben die Impulskontrolle im Kindesalter gelernt und kämpfen deswegen so sehr damit. Es ist schwierig, es jetzt zu lernen, aber möglich.

Sport kann eine Lösung sein. Ob in der Mannschaft, im Unisport, in der Yogagruppe oder regelmäßig mit Mitbewohner/in oder Lebenspartner/in. Wem Sport eher fremd ist, für den ist vielleicht einmal wöchentlich ein Lesebühnenbesuch das Richtige. Wer selbstständig tätig ist, dem kann ein regelmäßiges Netzwerktreffen helfen, einen Arbeitsrhythmus zu bekommen. 

Übrigens: Wenn der Impuls, „erst einmal den Schreibtisch aufzuräumen“, auf das Ende des Arbeitstags gelegt wird, dann ist auch schon viel gewonnen.

Alles in allem ist das Bewusstmachen der erste Schritt zur Besserung. Mit den Gedanken abschweifen, plötzlich ein Brötchen schmieren wollen, sich bewegen müssen, eine Zigarette rauchen zu wollen: Das sind alles Impulse, mit denen uns das Kleinhirn das Leben schwer macht. Das Großhirn ist eben jünger und hat in unserem Kopf noch nicht so viel zu melden. Wir müssen uns auf dessen Seite stellen und werden mit Glück und Freude belohnt.

Mut zum Scheitern!

Das ist ja alles gut und schön, leider werden wir scheitern. Nicht immer, aber manchmal − und das kann alles ruinieren. Wie wir mit dem Scheitern umgehen lernen, bestimmt, ob wir es schaffen, selbstdisziplinierter durchs Leben zu gehen.

Beim Ausbrechen aus dem disziplinierten Ablauf, dem Abweichen vom Weg zum Erfolg kommt bei manchen eine Stimme im Kopf wieder zum Vorschein: die der klagenden und überkritischen Eltern. So neigen wir beim Selbstkommentar dazu, wie unsere Eltern zu klingen. Dann fangen wir an zu jammern, schmeißen alles hin und suchen Trost in Essen, Alkohol und Tabak. Der riesige Vorteil des Erwachsenseins, aber auch eben das Problem. 

Statt sich Sigmund Freud zu ergeben, sollten wir es mit Heinrich Böll halten und den Mut zum Scheitern haben. Wenn’s diesmal nicht klappt, dann eben das nächste Mal. Wenn wir doch auf einer Party wieder eine Zigarette rauchen, dann ab morgen eben keine. Sollte es heute aufgrund sozialer Verpflichtungen mit dem Abschluss der Bachelorarbeit nicht geklappt haben, dann trotzdem nicht verzweifeln und wieder ransetzen. Es ist ein mühseliger Prozess, aber am Ende wartet die Belohnung.

Einfach mal ausprobieren!

Von Schreibblockaden und Erfolgsangst

Diverse Dinge haben mir bislang geholfen, mich vom Verfassen dieses Blog-Artikels abzuhalten. Ein ausgedehntes Mittagessen mit frischem Spargel aus der Region, ein Mittagsschlaf, die Tagesschau-Website, soziale Netzwerke sowieso und eigentlich sollte ich endlich mal den Abwasch machen. Zum Aufräumen der Wohnung kommt man irgendwie immer erst, wenn es um das Schreiben eines Textes geht. Warum ist das so?

Interessanterweise sind unter anderem zwei gegensätzliche Ursachen möglicherweise der Grund, sich andauernd mit anderem zu beschäftigen: einerseits Angst vor dem Scheitern und Angst vor dem Erfolg.

Angst vorm Scheitern

Nehmen wir einmal das Beispiel Bachelorarbeit. Die Sorgen dabei sind wahrscheinlich einigen Leserinnen und Lesern vertraut. Muss das Semester wiederholt werden? Was werden meine Kommiliton/innen sagen? Was meine Eltern? Besser gar nicht erst anfangen? Doch, natürlich. Voller Elan ran an die Sache, bis die Kräfte nachlassen und irgendwann ist der Moment erreicht, an dem man sich beruhigt zurücklehnen kann. Denn man hat ja schon angefangen – und dass erst 1% getan ist, wird bis kurz vor Schluss verdrängt.

Die Angst vorm Scheitern kann einem nur schwer genommen werden. Wie so oft hilft reden. Damit relativiert sich so mancher Sorgenhaufen und wird überschaubar. 

Erfolgsangst? Gibt’s das wirklich?

Jede und jeder möchte doch erfolgreich sein, oder? Theoretisch sicher, aber was passiert, wenn mit der Bachelorarbeit plötzlich auch das Studium auch vorbei ist: Master? Jobsuche? Wohnungswechsel? Die Erfolgsangst ist wirklich nicht zu unterschätzen. Ein Trick ist  vielleicht, sich die jeweilige Arbeit als Zwischenschritt vorzustellen, der dementsprechend keine so gigantische Bedeutungsschwere mehr besitzt.

Ich kann nur kurz vor Schluss“

Wenn wir beim Thema Angst sind, sollten wir über dieses Phänomen sprechen: Die Abgabe ist morgen und ohne Schlaf wirkt die Abgabezeit 12 Uhr am nächsten Tag noch schaffbar. Gegen 22 Uhr ist man voll drin, plötzlich geht alles leicht von der Hand. Um 3 Uhr kommt ein Durchhänger, da hilft Koffein oder ein kleiner Spaziergang, für die frische Luft. Wenn die Sonne schon auf den Monitor prallt, könnte man so gut eine perfekte Arbeit abliefern, wenn, ja wenn die Abgabe nicht schon in zwei Stunden wäre. 

Unser guter Freund das Adrenalin hilft uns in Momenten wie diesen, uns endlich auf die Arbeit zu konzentrieren. Dafür ist er da, aber an die körpereigene Droge heranzukommen ist schwierig. Es gibt auch andere Substanzen, deren Dosierung aber viel zu kompliziert ist, um wirklich auf Dauer gut zu funktionieren. Deswegen kann etwas anderes helfen:

Die falsche Deadline

Sich selbst eine Deadline zu setzen, ist im Prinzip unmöglich, denn man selbst ist ein verdammt schlechter Verhandlungspartner, sobald sie viel zu nahe rückt. Deswegen bietet es sich an, externe Hilfe zu suchen. Idealerweise eine Kommilitonin oder ein Kommilitone, da diese das Fach verstehen. Die sollen am Tag X, einige Wochen vor Abgabe, die Arbeit korrigieren.

Wichtig hierbei sind Sanktionen. Geld ist am einfachsten, zum Beispiel könnte jeder Tag Verzögerung 10€ kosten. Eine andere Möglichkeit sind Sachleistungen. Wenn der Aufwand, sich zu verspäten, größer wird als die Arbeit in einer Nachtschicht wenigstens ansatzweise in eine lesbare Form zu bringen, kann es klappen.

Teile und herrsche

Viele scheitern an dem Umfang der Aufgabe. Das Problem realistisch aufzuteilen und dann Stück für Stück zu lösen, ist schwierig, aber machbar. Wichtig ist, sich eins vor Augen zu führen: Selbst wenn die Planung der Umsetzung eine gefühlte Ewigkeit in Anspruch nimmt, wird die Arbeit dennoch schneller fertig sein als ohne sich vorher Gedanken über die Realisierung zu machen.

Teile und schreibe

Sich den Arbeitsplatz zu teilen, d.h. einmal nicht in den eigenen vier Wänden zu sitzen, sondern in der Bibliothek, kann einen sehr viel weiterbringen. Am besten ist es, wenn beide Lernpartner/innen die Bildschirme voneinander sehen können. Ohne die sozialen Netzwerke ist die Konzentration plötzlich so viel einfacher. Was nur nicht passieren darf, ist die gegenseitige Ablenkung. Co-Working geht nicht mit allen, aber einen Versuch ist es wert.

Die Ablenkung zum Schluss

Über das Thema gibt es noch reichlich zu sagen und dieser Artikel ist erst der Anfang. Stolz kann ich jedoch berichten, dass nur eine kleine Spargelsuppe die Ablenkung bis zur Fertigstellung des Artikels war. Kein Radio, keine Serien und nur ein einziges Youtube-Video. Das ist der Beweis: Schreiben ist möglich.

 

Hier zur Ablenkung (nur 20 Sekunden!) ein typisches Beispiel für Ablenkbarkeit: